Der in Berlin lebende Künstler Franz Ackermann (* 1963, Neumarkt St. Veit) hat im Januar dieses Jahres in der Schweiz durch das Ausstellungsprojekt „Eine Nacht in den Tropen“ in der Basler Kunst- halle auf sich aufmerksam gemacht. Die Mai 36 Galerie zeigt den Künstler seit 1997 regelmäßig.
Franz Ackermanns Bildwelt ist überaus expansiv. Ausgehend von punktartigen Zentren entwickelt sich ein dynamisches Raumgeflecht aus leuchtend satten, häufig konzentrisch angelegten Farb- bändern, die sich zu ornamentalen Mustern verdichten können. Franz Ackermann fasst die Bildflä- che als Energiefeld auf: Es gibt hier keinen leeren Raum, sondern nur unterschiedliche energetische Zonen. Unterscheiden kann man zwischen klaren und weniger eindeutig definierten Bildzonen, nicht aber zwischen einem vorgängig definierten Raum und dessen Inhalt. Die Zentren bilden ihre eige- ne räumliche Ordnungsstruktur, von ihnen ausgehend gibt es ein jeweiliges Oben und Unten, Davor und Dahinter. Ackermanns Bilderwelten scheinen sich ihren Raum selber zu schaffen. Das Format seiner Arbeiten fungiert nicht als absoluter Maßstab und vorgängiges Ordnungsschema, so dass dem Betrachtenden auch kein eindeutig definierter Standpunkt vor den Arbeiten zugewiesen wird. Dies er- schwert die Aneignung der Bilder durch den Betrachter, dessen Blick angesichts der sich selbst ent- faltenden Ordnung immer wieder in den Strudel der wirbelnden Zentren gerät. Indem der Blick die Kontrolle über sich selbst verliert, wird die imperiale Gebärde der visuellen Aneignung verunmöglicht.
Innerhalb der den Blick anziehenden Spots erscheinen immer wieder architektonische Versatzstücke und urbane Strukturen. Diese Realitätsfragmente erscheinen vertraut. Teilweise handelt es sich um archetypische Elemente, die unsere Vorstellung von dem, was „Stadt“ ausmacht, veranschaulichen, immer wieder sind aber auch Landmarken der Architektur zu erkennen. Durch die räumliche Verflech- tung der Bildelemente ergeben sich oft Gitterstrukturen, die wie kartographische Elemente erscheinen und in ihrer graphischen Qualität einen Kontrast zur intensiven Verdichtung der Farbflächen bilden.
Franz Ackermann „sammelt“ diese Elemente auf seinen Reisen durch die Welt. Dabei interessiert er sich besonders für die mediale Vermittlung der Welt des Reisenden auf Stadtplänen, Stadtansichten und in Architekturbildern, wie sie in Reiseprospekten und Stadtführern auftauchen. Sie sollen dem Reisenden Orientierung und einen Vorgeschmack auf das zu Erwartende vermitteln, doch werden sie gleichzeitig zum Surrogat der Erfahrung des Touristen. Die Begegnung mit dem Fremden wird so gezielt ausgegrenzt. Während das Fremde sich der Vertrautheit und Verfügbarkeit entzieht und letztlich unverständlich bleibt, ist dem Touristen immer schon alles bekannt, da er sich auf vertrauten Pfaden bewegt. Das Fremde wird ihm immer nur als alter ego erscheinen, da er es nur als Projektionsfläche seiner selbst wahrnehmen kann. Die von ihm aufgesuchten Sehenswürdigkeiten werden in ihrer touristischen Verfügbarkeit als Orte radi- kal entwertet. Bilder und die hierdurch gewährleistete unendliche Reproduzierbarkeit dieser Orte spielen dabei eine zentrale Rolle, da sie die Welt konsumierbar machen. In Franz Ackermanns Bildern wird die hierdurch erzeugte Ortlosigkeit der touristischen Attraktionen und die Ausgrenzung alles Fremden thema- tisiert, wobei gleichzeitig die Fremdartigkeit seines eigenen Bildkosmos dem aneignenden Zugriff des Be- trachters entzogen ist und so eine Auseinandersetzung mit dem Anderen eingefordert wird. [Text: Iris Wien]