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Harald F. Müller

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Der Besucher der neuen Ausstellung von Harald F. Müller sieht sich von einem eigenen Kosmos von Bildtafeln und Schriftzügen umgeben. Während die Bildtafeln durch ihren Abstand zur Wand im Raum zu schweben scheinen, präsentieren sich die Schriften mit beachtlicher Vehemenz. Sie haben einen starken Appellcharakter. Von ihrer materialen Konstruktion aus Holz und Stahl vor farbiger Wand lässt sich in keiner Weise absehen. Die Bilder erscheinen dagegen fragil. Schutzlos ragt die Bildoberfläche der auf Aluminiumplatten aufgezogenen Photographien in den Raum. Die hier präsentierten Bilder und Begriffe sind dem Betrachter bekannt und fremd zugleich: so erinnert "BEL AMI" an einen Roman von Maupassant, "IKO IKO" an einen Popsong und die Motive der stark vergrösserten Photographien zeigen mit ihrem groben Druckraster deutlich, dass sie schon einmal reproduziert und in einem anderen Kontext verwendet wurden. Zwar bewegen sich die hier gezeigten Motive alle durchaus im Bereich des Möglichen unserer alltäglichen visuellen Erfahrung, doch entziehen sie sich den kategorialen Einordnungsversuchen des Betrachters entschieden. Die wiederholten Versuche, das Vorgefundene zu kontextualisieren und damit begrifflich zu fixieren sind zum Scheitern verurteilt. Schriftzüge und Bildtafeln stehen ebensowenig in einer wechselseitig sich erklärenden Relation wie die Bildmotive zu ihren Bildtiteln. Ihre Konfrontation führt im Gegenteil eher dazu, dass sich beide, Motive wie Begriffe, in ihrer Bedeutsamkeit zunehmend verschliessen. Umso nachdrücklicher wird der Betrachter somit auf das in der Galerie konkret Sichtbare zurückverwiesen. Die formalen Aspekte aller Komponenten der Ausstellung drängen sich in den Vordergrund, ohne dass die hier in Anspruch genommene Bedeutsamkeit sich jedoch würde ausblenden lassen. Wir kommen schwerlich umhin jedem Bild in unserer Kultur bezeichnenden oder exemplarischen Charakter zuzuweisen und auch der Appellcharakter der in grosser Geste auftretenden Schriftzüge Harald F. Müllers ist nicht abzuweisen. Die Werke des Künstlers oszillieren so zwischen Verführung und Verweigerung, aber auch zwischen Fremd- und Selbstverweis.

Die hier versammelten Bilder und Begriffskonstruktionen sind Funde einer obsessiven Recherche des Künstlers in Archiven von Grosskonzernen sowie dem Erinnerungsraum unserer Kultur. Es handelt sich hierbei nicht um zufällige Fundstücke, sondern um solche Funde, die den Vereinnahmungsversuchen des Betrachters standzuhalten vermögen. In diesem Sinne sind sie wirkliche Entdeckungen. Dies erklärt auch, warum der Künstler in Jahrzehnte langer Arbeit nur auf ein relativ kleines Repertoir von Bildern und Begriffen zurückgreifen kann. Immer wieder inszeniert er diese neu, und jede neue Inszenierung und Präsentation stellt sie auf die Probe.

[Text: Iris Wien]

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